06.11.2014

Review: Wish I Was Here

Zach Braff ist ein talentierter und cleverer Typ. Für viele hierzulande am ehesten bekannt als tagträumender Jungarzt "JD" in der Erfolgsserie Scrubs, denke ich jedoch zuerst an seine noch viel interessantere Arbeit an seinem ersten eigenen Film. Denn sowohl als Schauspieler, Drehbuchautor und sogar Regisseur des Films Garden State sicherte er sich 2004 auf der ganzen Welt einen Platz in den Herzen aller Independent-Filmfans. Und das auch völlig verdient, denn Garden State war nicht nur eine erfrischend erzählte, top besetzte und handwerklich anstandslos gemachte Produktion, sondern traf auch einen gewissen Zeitgeist. Man möchte fast behaupten, Zach Braff habe das Indie-Kino für weiße, "Anfang-zwanziger" Vorstadtkinder neu aufleben lassen. Klar, war der auf die Vorlieben eben dieser Zielgruppe ausgerichtete Film zwangsläufig ziemlich weinerlich und gab dem Hipster-Kult mächtig Futter, jedoch sollte man trotzdem nicht aus den Augen verlieren, dass es sich nach wie vor um gute Arbeit handelt. 

Deswegen sollte man natürlich auch unvoreingenommen bleiben, wenn Zach Braffs nächster Film Wish I Was Here (bei dem er erneut Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor ist) beurteilt werden muss. Warum es mir bei der "spirituellen Fortsetzung" zu Garden State diesmal allerdings deutlich schwerer fiel, mit wohlwollenden Gefühlen an die Sache heran zu gehen, lest ihr im Review!

Oh boy, where do I even start? - Obwohl ich eingangs bereits betonte, dass man Filme für sich selbst stehend betrachten und bewerten sollte, komme ich nicht umher euch auch ein bisschen Hintergrundwissen über die Entstehung von Wish I Was Here zu vermitteln. Um den Film nämlich drehen zu können, bat Zach Braff mit Hilfe einer Kickstarter-Kampagne seine Fans um 2 Millionen Dollar, da sich offenbar kein Filmstudio bereit erklärte, das "Passion Project" des Hollywoodstars zu verwirklichen. Anstatt dann allerdings in die eigene Tasche zu greifen, um den Film drehen zu können, kam er auf die Idee Wish I Was Here via Crowdfunding zu finanzieren. Das schmeckt mir persönlich allerdings so gar nicht, da ich zum einen der Meinung bin, dass ein ernst zu nehmender Filmemacher wie Zach Braff (welcher die 2 Millionen Dollar für seinen eigenen Film auch locker aus eigener Tasche hätte nehmen können), seine Fans nicht so ausnutzen sollte, und zum anderen, weil diese Plattform exklusiv von Künstlern genutzt werden sollte, die keine andere Möglichkeit haben ihre Idee zu verwirklichen. Braff war in diesem Falle einfach geizig. Denkt man nämlich mal darüber nach, was er damit eigentlich erreicht hat, ist sonnenklar, wie verarscht sich seine Fans fühlen sollten:

Wird der Film ein finanzieller Flop = nicht schlimm, haben ja die Fans bezahlt! 
Wird der Film ein finanzieller Erfolg = klingelt es NUR in den Kassen von Zach Braff, obwohl er das komplette Risiko auf seine Gefolgschaft abgewälzt hat. Geschäftlich genial, menschlich ein bisschen fragwürdig. 

Doch all dies soll nur eine Randnotiz bleiben, da ultimativ nur zählt, ob der Film sehenswert ist oder nicht. Egal ob ein Schauspieler wie Tom Cruise seltsame religiöse Ansichten hat, er ist ein guter Schauspieler der gute Arbeit abliefert. Egal ob ein Schriftsteller eines Buches kontroverse Meinungen vertritt, die Geschichte die er schreibt sind dadurch nicht weniger (oder mehr) wert. So muss auch Wish I Was Here mit ganz normalen Maßstäben gemessen werden. Leider muss gesagt werden, dass all dieser Trubel dem Film einen etwas unverdienten Medienrummel eingebracht hat. Denn Wish I Was Here ist ein unfassbar langweiliges, nichtssagendes Werk mit drei großen Problemen. Alle drei Probleme tragen allerdings den selben Namen: Zach Braff. Der ist eigentlich ein guter Schauspieler, jedoch offenbar nur wenn er entweder traurig/nachdenklich oder clever/schlagfertig spielt. Wish I Was Here's Problem #1: Er spielt er eine Mischung aus diesen beiden Figuren und wirkt irgendwie wie etwas das weder Fisch noch Fleisch ähnelt. Bis zur Mitte des Filmes fiel es mir schwer eine emotionale Bindung mit ihm aufzubauen, da er irgendwie rein oberflächlich die gleiche Figur wie in Garden State zu spielen scheint (beide Figuren sind unbekannte Schauspieler mit einem seltsamen Verhältnis zu ihren Vätern), diese aber reihenweise komische Sprüche von sich gibt, die eher wie eine unausgegorene Comedy-Routine wirkt. 

Wish I Was Here's Problem #2: die Regiearbeit hat sich zehn Jahre nach Garden State keinen Deut weiter entwickelt. Noch immer hören wir den gleichen melancholischen Indie-Soundtrack (wieder mit The Shins und Coldplay, neu dabei: Bon Iver und Hozier), erneut versucht man dem Zuschauer mit Cameo-Auftritten bekannter Gesichter (diesmal mit Scrubs-Kumpel Donald Faison und Jim Parsons von The Big Bang Theory) ein paar Lacher zu entlocken und erneut ersetzen tiefgründig erscheinende Dialoge in witzigen Kostümen die eigentliche Story. Hier hätte eindeutig eine gewisse Entwicklung stattfinden müssen, vor allem da Zach Braff bei seinem Spendenaufruf so sehr darauf pochte, dass er sich als Künstler nicht vom Studio-System Hollywoods wolle einschränken lassen. Was davon auf der Leinwand übrig blieb war dann ein großer Haufen heißer Luft, da die wirklich schönen und interessant aussehenden Szenen scheinbar lediglich für den Trailer gedreht wurden. Darin sieht man nämlich bereits alles, was auch nur irgend eine Form von visuellen Reizen im Film vorhanden war. Der beliebte Ausdruck "Style Over Substance" mag in Actionfilmen von Michael Bay entschuldigt werden können, aber sicher nicht in einem Independent-Drama die sich selbst eine gewisse Tiefgründigkeit auf die Fahne schreibt.

Das bringt uns auch schon zu Wish I Was Here's Problem #3: es hätte dem Film sicherlich extrem gut getan, wenn Zach Braff, der die komplette kreative Kontrolle über das Projekt hatte (wie gesagt, er führte Regie und schrieb das Drehbuch), jemand Außenstehendes herangezogen hätte, um die Story zu überarbeiten. Oder zumindest Vorschläge zu machen. Das Drehbuch, welches er gemeinsam mit seinem Bruder Adam Braff zusammensetzte, fühlt sich (zumindest anhand dessen was man im finalen Film sieht) furchtbar zäh und staubig an. Die Jokes im Film wirken, als hätte man sie nie hinterfragt und der komplette Subplot über die Identitäsfindung der im Film viel zu sehr im Mittelpunkt stehenden Kinder führt ins Nichts, sobald der dritte Akt eingeläutet wird. Auch die Story des Bruders der Hauptfigur, der sich noch gerade rechtzeitig vom Nichtsnutz zum braven Familienmitglied rehabilitiert, weil er einen Kostümwettbewerb gewinnt und dort seine Nachbarin abschleppt, wirkt so furchtbar gestellt und abgedroschen, dass man auch hier eigentlich kaum sauer sein kann, dass dieser komplette Handlungsstrang keine Konsequenzen auf den Rest der Geschichte hat. Ebenfalls sauer aufgestoßen ist mir, wie mit der "Message" des Films hantiert wird. Generell baut die Story auf viel zu viel religiösem Esoterik-Gelaber auf, welches komischerweise äußerst seelenlos geäußert wird. "Alles wird gut, bla bla bla" - Danke, aber das ist mit dann doch eine Spur zu oberflächliches möchtegern "Feel Good"-Getue. Ich habe eigentlich gar kein Problem damit, wenn die Tiefgründigkeit eines Films (vorzugsweise in den Mono/Dialogen) nur Gimmick bzw. Fassade ist. Sin City ist darin beispielsweise erstklassig. Jedoch sollte man sich dann nicht anmerken lassen, wie leer die Worthülsen schlussendlich sind, wenn völlig Realitätsfern am Ende des Filmes alle Probleme des Universums mit einem Lächeln gelöst wurden. 

Positiv sei jedoch angemerkt, dass alle Fans, die nach Garden State einfach nach mehr vom Gleichen suchen, hier definitiv fündig werden. Zwar mit deutlich weniger Biss und Schlagkraft, dafür jedoch mit neuen, witzigen Charakteren, die sich gewohnt witzig durch schöne Sets bewegen. Die Kinderschauspieler sind in Ordnung (den Jungen kennt man beispielsweise aus Looper, wo er sehr gut war!) und stellenweise wird man sich auch definitiv das Schmunzeln nicht verkneifen können (speziell wenn man einen alten Rabbiner auf einem Segway gegen eine Wand fahren sieht, wird man lachen). Letztendlich muss man aber ehrlich sein und der Enttäuschung ins Gesicht blicken. Diesen Film hätte es nicht geben müssen.

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