07.02.2015

Review: Tusk

Kevin Smith, Erfinder des berühmten "View Askewniverse" (das Filmuniversum welches die Filme Clerks 1 & 2, Mallrats, Dogma, Jay and Silent Bob Strike Back und Chasing Amy verbindet) ist zurück im Regiestuhl! Nachdem er mit seinen letzten paar Filmen die Erfolgsleiter eher hinab als hinauf steigen konnte - Red State, Cop Out und Zack & Miri make a Porno wurden allesamt von Kritikern und Kinobesuchern ignoriert - bringt er uns nun seinen ersten reinblütigen Horrorfilm. 

Tusk ist der Name des Streifens und behandelt die semi-wahre Anekdote einer Craigslist-Anzeige, in der ein Hausbesitzer ein Zimmer gratis an die Person vergibt, die sich bereit erklärt für eine Stunde am Tag ein Walross-Kostüm zu tragen. Natürlich hat sich das ganz schnell als Scherz herausgestellt, entfachte allerdings die Phantasie von Kevin Smith während einer seiner Podcast Talkshows. Darin hat er dann mit seinem Co-Host live das erste Drehbuch zum Film zusammengesetzt und lies seine Fans über Twitter abstimmen, ob daraus tatsächlich ein echter Film werden sollte. Das Ergebnis ist ein Horrorfilm in dem ein Mann mit chirurgischen Eingriffen gegen seinen Willen zu einem Walross umgewandelt wird. Was genau es damit auf sich hat, habe ich mir nun mal angeschaut:
              
Ich mag Kevin Smith. Er ist ein sehr netter, herzensguter und charmanter Kerl. Er schaffte es aus der puren Liebe für Film ohne großes Know-How vom Handwerk eine Karriere in der Filmbranche zu starten, mit einem DIY-Film welchen er mit seinen Freunden auf einer billigen Handkamera gedreht hat. Er war Autor einer relativ guten Daredevil Comicreihe (Leute die mich kennen, wissen wie sehr ich Daredevil liebe) und macht jeden Freitag gemeinsam mit dem Moderator Ralph Garman den unheimlich unterhaltsamen Hollywood Babble-On Podcast, von dem ich noch keine Episode verpasst habe. Auch seine letzten "Fehlschläge" an den Kinokassen konnte ich immer noch einiges abgewinnen. Doch meine Sympathie für die Person Kevin Smith kann darf meiner Einschätzung über das Talent von Regisseur Kevin Smith im Wege stehen. Denn leider ist sein neuer Film Tusk, an dem ich im Vorfeld äußerst interessiert war, ein in jeder Hinsicht unfassbar schlechter Film. Wie man dieses Konzept so schnurgerade vor eine Steinwand fahren kann, wird mir für immer ein Rätsel sein.

Johnny Depp als frankokanadischer Inspektor
Doch ist der Film tatsächlich so unerträglich? Mit Schauspielern wie Michael Parks, Justin Long und Johnny Depp (!) sollte man denken, dass man hier eine gewisse Qualität geboten bekommt. Doch leider scheint es eher, dass die ausgewählten Schauspieler das ganze nur noch schlimmer machen. Michael Parks konnte mit diesem Skript leider nicht seine ganze Awesomeness ausschöpfen, Justin Long ist absolut fehlbesetzt (als nediger Hacker in Stirb Langsam 4 funktionierte er für mich deutlich besser) als übercooler Journalist und Johnny Depp liefert hier die wohl schlechteste Leistung seiner gesamten Karriere ab. Und das will was heißen, da dieser für mich bisher nie sonderlich gut war. Speziell in den letzten paar Filmen, in denen er eine tragende Rolle spielte, kam man nicht selten ins Grübeln, ob der verehrte Herr Depp tatsächlich ein guter Schauspieler ist oder nicht. In Tusk schlafwandelt er sich allerdings durch eine Rolle, die so unfassbar dämlich und unlustig ist, dass es den Film unwiderruflich ruiniert. Er spielt hier nämlich scheinbar Inspektor Clouseaus geistig behinderten Bruder... mit furchtbarem faux-französischen Akzent und einem schielenden Auge stolpert er durch den dritten Akt des Filmes, welcher durch ihn mehr einer Screwball-Komödie ähnelt, als eines Horrorfilms. Das war in der gesamten vorausgegangenen Laufzeit nicht angedeutet worden, weshalb dieser tonale Shift beim Zuschauer mehr Verwunderung als Bewunderung auslöst. Ich verstehe, dass Johnny Depp ein großer Star ist, und den Part nur spielt, weil seine kleine Tochter ebenfalls im Film zu sehen ist (sie ist gemeinsam mit Kevin Smiths Tochter die Kassiererin der Tankstelle in der Justin Longs Figur einkauft kurz bevor er in die Falle tappt). Aber hätte Kevin Smith sich nicht wirklich mal trauen können, ihm ein paar Anweisungen zu geben? Wie kann er so eine Arschperformance tatsächlich in seinen Film stecken wollen? Warum sabotiert er sich selbst so sehr, wo doch besonders viele Leute so kritisch mit seinen Werken sind? Ich verstehe einfach nicht, was er sich dabei gedacht hat. Ebenfalls im Film zu sehen ist der mittlerweile erwachsen gewordene Haley Joel Osment, welcher nach The Sixth Sense völlig von der Bildfläche verschwand. Jetzt weiß ich definitiv auch warum, da er ebenfalls, wie der Rest des Filmes ziemlich furchtbar ist. Fett geworden ist er ebenfalls, weshalb ich zunächst dachte, dass er das Walross ist, das in dem Film vorkommen soll.

Michael Parks und sein Walross
Das Walross allerdings kam deutlich später, als Justin Long auf tatsächlich coole und verstörende Art und Weise mit chirurgischen Eingriffen misshandelt wird. Wem hier The Human Centipede in den Sinn kommt, befindet sich vom Vibe her definitiv auf der richtigen Fährte. Nur kommt der Gruselfaktor hier doch wieder deutlich zu kurz. So ekelig und grausam das menschliche Walross letztlich aussieht, wirklich gruselig ist hier leider nichts. Das hat auch zum Großteil damit zu tun, dass sowohl Licht und Sound, zwei unschätzbar wertvolle Werkzeuge in Horrorfilmen, absolut nicht funktionieren. Das Gummikostüm in das sich Justin Long zum Ende des Films zwängen muss, ist stets viel zu gut ausgeleuchtet, weshalb man viel zu früh die Angst vorm Hinschauen und den Schrecken vorm Anblick verliert. Tatsächlich ist der Film so hell, dass es mich nicht mal überraschen würde, wenn man die Reißverschlüsse am Walross-Kostüm sehen kann. Das Sounddesign hat hier und da sicherlich starke Momente... der eingebaute Fleetwood Mac Song "Tusk" sorgt bei eingeweihten Zuschauern für ein kurzes Lächeln, besonders spannend macht es den Film allerdings auch nicht.

Ich habe wirklich gehofft, hier etwas positiver über den Film reden zu können. An vielen Stellen des Films war ich sogar sehr zufrieden mit der Richtung die er einzuschlagen scheint - Kevin Smith ist nach wie vor ein meisterhafter Autor wenn es um coole Dialoge geht - doch machen besonders die ruckartigen Kursänderungen im Genre und die fürchterlichen Leistungen der Schauspieler den Film zu einem undefinierbaren Haufen Nonsens. Sollte der Film hier jemals auf DVD und Blu-Ray erscheinen, lohnt es sich für absolute Kevin Smith Fans, oder Fans von übertrieben sinnbefreitem Horror-Trash einen Blick zu riskieren. Allen anderen würde ich jedoch davon abraten, sich hiermit den Abend zu versauen. So interessant und neu die Prämisse von Tusk auch wirken mag, der Film selbst liefert einfach nicht genug ab, um als Film zu funktionieren. Bitte, Kevin: get your shit together!

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