18.02.2014

was ist eigentlich Hollywood?

Jeder kennt natürlich die Geschichte von den Immobilienmaklern und "Hollywoodland", dem berühmten Schriftzug. Doch ich habe mir heute mal das noble Ziel vorgenommen, euch Hollywood als Synonym der Filmindustrie zu erklären. Wie funktioniert Hollywood? Warum liegt das in Kalifornien (abgesehen vom Wetter)? Wie entstand diese Szene da drüben überhaupt? Steigt ein, die nächste Tour startet wenn ihr hier klickt!



Zuerst sei angemerkt: heutzutage redet man von "Hollywood" als den Ort, in dem das große Geschäft der amerikanischen Filmindustrie abgeht. Das war sicherlich auch mal so, ist jedoch heutzutage nicht mehr ganz korrekt. Das wirkliche "Hollywood", welches wir in Gesprächen meinen, ist längst auf multinationale Konglomerate in der ganzen Welt ausgebreitet. In den frühen 1900ern fand sich eine Gruppe von cleveren Geschäftsleuten zusammen, die den damals neu aufkommenden Markt der filmischen Unterhaltung für sich entdeckten und gemeinsam in einer fast unbebautem Süd-Kalifornischen Vorstadt namens Hollywood niederließen.

King Kong
An der Ost-Küste, wo diese besagten Geschäftsleute herkamen, besaß zu dieser Zeit Thomas Edisons (ja, DER Thomas Edison) Patentfirma, alle Patentrechte an dem Equipment, welches für das Drehen von Spielfilmen benötigt wurde. Diese Firma zwang Filmemachern dort hohe Gebühren für die Nutzung auf. Das zuständige Patentamt an der West-Küste jedoch war bekannt dafür, diese Gesetze nicht sonderlich energisch durchzusetzen, weswegen ein Großteil der damaligen Talente kurzum ihre Sachen packten, um in den Westen zu pilgern. So ist dann auch der Begriff des "Studio Systems" geboren.

Heutzutage ist das "Studio", welches man mit der Filmbranche in Verbindung setzt eher als Begriff für die Entität bekannt, die als Firma Filmproduktionen durchführt. Damals jedoch war ein Studio buchstäblicher gemeint. So wie wir uns heute ein Studio von beispielsweise Fotografen vorstellen. Ein professioneller Ort mit künstlichem Licht, Leinwänden und ähnlichen Dingen. Hollywoods Filmcompanies sahen sich selbst als eine große Version davon. Jedes Studio war seine eigene Firma, mit seinem eigenen Gebäude, eigenen Sets und eigenem Equipment und Crews. Auch Schauspieler waren zu der Zeit bekannt dafür, wegen gewisser Verträge nur für bestimmte Studios zu arbeiten (obwohl es nicht unüblich war, dass Studios ihre Darsteller öfters tauschten).

Der Zauberer von Oz
Der Hollywood Hype startete am Ende der Stummfilm-Ära, erlangte jedoch erst mit dem Aufkommen der Jazzmusik und der generellen Filmvertonung seinen Höhepunkt. Diese Zeit, zwischen den späten 20er Jahren bis zu den späten 50er Jahren, nannte man "das goldene Zeitalter", in welchem die "Big 5", also die fünf großen Filmstudios ihre Vormachtstellung erlangten. Diese fünf Studios waren Paramount, MGM, Warner Bros., 20th Century Fox und RKO. Ebenfalls zu erwähnen wären noch die "großen-kleinen" Studios Universal, Columbia und United Artists. Das war die Zeit, in der die amerikanische Filmindustrie begann die komplette Welt zu dominieren. Klar, auch in Europa (speziell Italien) und Asien (speziell China) gab es ähnliche Verhältnisse, diese hatten jedoch gegen die quasi aus dem Nichts entsprungenen finanziellen Riesen in Amerika auf ökonomischer Basis keine Chance. 

Diese finanzielle Sicherheit brachte die Vorsitzenden der Filmstudios dazu, eine Art von real-life Monopoly zu spielen. (einer Taktik, vor der sie ironischerweise selbst in den Westen Amerikas geflüchtet sind)

Diese Filmstudios besaßen nämlich nicht nur die Lokalitäten, in denen die Filme gedreht wurden, sie besaßen auch einen nicht zu verachtenden Anteil der Kinos, in welchen diese Filme dann später liefen. Diese Geschäftsstrategie nennt sich "Block-Booking". Dabei war ein Kino gezwungen, einige der unbekannteren Filme in ihr Programm aufzunehmen, damit sie die Möglichkeit bekamen, auch den angesagten Film zeigen zu können, den die Leute gerade wirklich sehen wollten (Musik-Festivals funktionieren heutzutage nach dem gleichen Prinzip. Damit eine Band wie Linkin Park ein Festival headlined, müssen die Veranstalter auch zehn unbekannte Newcomer Bands von der gleichen Booking Agentur mit ins Programm aufnehmen -deswegen spielt Freitag morgens immer so ein Haufen unbekanntes Kroppzeug auf den Festivals). Dieses Geschäftsmodell brachte den Studios kurzzeitig große Erfolge, und sorgte für schön hohe und saubere Bilanzen. Wenn ihr jetzt jedoch denkt, dass sowas doch eigentlich irgendwie gegen das Gesetz sein muss, habt ihr recht. 

Ben Hur
Im Jahre 1948 beriefen sich die USA nach einem Gerichtsstreit zwischen Paramount und den Vereinigten Staaten auf ein Gesetz, welches dem ganzen Spaß einen Strich durch die Rechnung machte. In dieser Verhandlung wurde nämlich anerkannt, dass Praktiken wie das Besitzen der eigenen Kinos und Block-Booking den "Sherman Antitrust Act" aus dem Jahre 1890 verletzt. Dies sorgte über Nacht dafür, dass Studios zum ersten mal seit Jahrzehnten wieder in richtige Schwierigkeiten kommen konnten, da sie nun nicht mehr alle Handelswege kontrollieren durften. Seit langer Zeit begann der eiserne Griff des Studio Systems nachzulassen und sorgte für einige schwerwiegende Veränderungen in Hollywood. Den tatsächlichen Todesstoß verpasste man Hollywood jedoch an anderer Stelle. Nach dem Krieg fand nämlich etwas seinen Weg in amerikanische Haushalte, was die Unterhaltungsindustrie bis heute beeinflusst. Der Fernseher. 

Das Fernsehen war in der Lage, das bis dato alleinig von Hollywood produzierte Entertainment, in jedermanns Wohnzimmer gratis zu beamen. Hollywoods damalige Zielgruppe (Mittelklasse Familienväter und Mütter), hatte nun einen einfacheren Weg, sich diese Unterhaltung zu verschaffen - das Kino wie man es bis dato kannte, geriet in eine existenzbedrohende Krise. Logischerweise konnte sich Hollywood nicht kampflos seinem kleinen Cousin geschlagen geben, und pumpte mehr und mehr Geld in immer größere Filmprojekte. Spektakel mit tausenden von Darstellern wie beispielsweise im Film Ben Hur von 1959, gefilmt in dem damals besonderen Breitbildformat (cinemascope, widescreen). Die Devise lautete: "Das Fernsehn kann euch zwar einen Clown zeigen, doch nur das Kino bietet euch einen ganzen Zirkus!" 

Easy Rider
Dies klang für die Studioinhaber als eine clevere Möglichkeit, die Vormachtstellung unter den Unterhaltungsmedien zu behalten, beschleunigte jedoch den unausweichlichen Fall nur noch mehr. Die Probleme waren also nicht bekämpft, und die angepeilte Zielgruppe nicht zurückzugewinnen. Was machte Hollwood als Kollektiv jedoch dann? Richtig. Eine Kursänderung. 

Gegen Ende des 2ten Weltkriegs waren die USA besonders gebärfreudig. Der sogenannte "Baby Boom" sorgte für eine dramatisch ansteigende Geburtenrate, bestehend aus einer völlig neuen und besonders großen Schicht aus Kindern, die passend zum Ende des goldenen Zeitalters zu Teenagern herangewachsen waren. Diese Teenager wurden in einer Zeit groß, in der sie, im Gegensatz zu jeder Generation aus Jugendlichen zuvor, ein beachtenswertes finanzielles Potential besaßen. Diese Tatsache, kombiniert mit dem Umstand, dass man Kinos nicht mehr vorschreiben durfte, welche Filme sie zeigen mussten, sorgte für einen besonders starkes Aufkommen von Independent Filmen. Diese waren meist deutlich günstiger zu machen (konnten also auch größere Risiken eingehen) und richteten sich an eben diese jüngere Zielgruppe. So gelangten beispielsweise Eastern (asiatische Kung-Fu Filme), italienische Spaghetti-Western und Exploitation-Horrorfilme (also im Grunde alles, was Quentin Tarantino so mag) auf die große Leinwand. 

Der Weiße Hai
Das wiederum bringt uns schlussendlich an den Punkt wo Hollywood, Ende der 60er Jahre mehr oder weniger völlig kollabiert, endlich wieder auferstehen konnte. Die große Nachfrage jüngerer Leute nach eben diesen Independent Filmen gab Hollywood zu denken. Die alte Art und Weise, wie das Studio System Filme produzierte war ein für alle mal tot. Man erkannte, dass es an der Zeit war, jungen Talenten die Chance zu geben, ihre Versuche zu starten, das Kino wieder attraktiver zu machen. So gab man viel Geld in die Hände junger und aufstrebender Regisseure, welche frischen Wind in das verstaubte System bringen würden. Auch damals belächelte Filmschaffende bekamen mit ihren unkonventionellen Ideen zum ersten mal, aus purer Verzweiflung heraus, von den Studios große Geldsummen ausgehändigt, um Filme zu machen. Diese jungen, teilweise gerade von der Filmschule gekommenen Männer ("Brats") und unkonventionellen Um-Die-Ecke-Denker ("Misfits") hießen Steven Spielberg, Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Stanley Kubrick, Mel Brooks, Woody Allen, Brian DePalma und George Lucas. Wie ihr euch nun sicherlich denken könnt, nachdem ihr diese Namen gelesen habt, hat sich das Risiko, welches die Studios eingingen, mehr als ausgezahlt. Filme wie Der Exorzist, 2001, Taxi Driver, Apocalypse Now, Marathon Man, Bonny & Clyde, American Graffiti, Der Pate, Der Weiße Hai und Star Wars entstanden aus diesem "Glücksspiel" der Filmstudios und hätten in der "alten Welt" vermutlich nie das Tageslicht erblickt. 


1977 hat Star Wars einfach alles verändert. George Lucas, damals ein schüchterner, junger Regisseur mit großem Interesse an Technologie, schaffte es mit Star Wars einen Sci-Fi-Fantasy-Pulp Blockbuster ins Kino zu bringen, welcher so weit über den Tellerrand hinaus gedacht war, dass selbst viele der anderen "Brats" nicht an den Erfolg des Films glaubten. Doch Star Wars viel mehr als ein Kinoerfolg. Zum ersten Mal schaffte ein Film es, sich in die kulturelle Psyche der gesamten Welt einzubrennen und entdeckte durch eben diese Kanäle die geheime Formel, nach der Hollywood so händeringend gesucht hatte. Das Kino war gerettet und funktioniert bis heute (wenn auch in abgeschwächter Form) auf der Balance zwischen Zielgruppen-orientierten Finanzierungen und dem rekrutieren von jungen Talenten. 

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