Sucker Punch ist ein
Action/Fantasy Film aus dem Jahr 2011. Produzent, Drehbuchautor und
Regisseur des Films ist Zack Snyder, welcher speziell für seine
Comicverfilmungen von Frank Millers 300 und Alan Moores Watchmen
bekannt wurde. Auch für das 2004 erschienene, überraschend gute Remake
von Dawn of the Dead war Snyder verantwortlich. Sein letzter Film
war Man of Steel, für den er zur Zeit auch die Fortsetzung Batman
vs. Superman dreht. Ihr habt sicherlich das Bild des neuen Batman gesehen, das Internet ist schließlich voll davon. Sucker Punch
hingegen basiert auf einer völlig eigenen Idee des Amerikaners. Das
war jedoch auch sein erster Film, der bei Kritikern und Fans
eher negativ aufgenommen wurde. Heute will ich jedoch eine Lanze für
Sucker Punch brechen, da ich die Vermutung habe, dass die eigentliche
Aussage des Films von vielen Zuschauern missverstanden und
möglicherweise deswegen schlechter bewertet wurde.
Nur um das klar zu stellen: ich
möchte niemandes Meinung über den Film ändern, oder gar als
"falsch" deklarieren. Ich stelle hier lediglich meine persönliche Interpretation zur Diskussion, die weder besser noch schlechter als die von
jedem anderen Leser ist.
Gut, jetzt da das aus dem Weg ist gibt es vorher eigentlich nur noch eine Kleinigkeit zu klären. Ein "Sucker Punch" bedeutet, dass du "aus dem Nichts" eine geklatscht bekommen hast, ohne dass du den Schlag hast kommen sehen. Behaltet das im Hinterkopf, dass ist gleich noch wichtig.
Gut, jetzt da das aus dem Weg ist gibt es vorher eigentlich nur noch eine Kleinigkeit zu klären. Ein "Sucker Punch" bedeutet, dass du "aus dem Nichts" eine geklatscht bekommen hast, ohne dass du den Schlag hast kommen sehen. Behaltet das im Hinterkopf, dass ist gleich noch wichtig.
Sucker Punch ist ein Film, der von vielen Zuschauern regelmäßig fehlinterpretiert wird. Das passiert nicht selten, vor allem bei Filmen die einen gewissen intellektuellen Anspruch an Zuschauer stellen, der möglicherweise einfach nicht erwartet wurde. Hier kommt mir direkt Paul Verhoevens Meisterwerk Starship Troopers
in den Sinn. Ein Film welcher, im Jahr als er in die Kinos kam, von vielen
Kritikern als faschistischer Pro-Kriegs Film bezeichnet wurde, obwohl man es in
Wirklichkeit mit dem genauen Gegenteil, nämlich eine ganz offensichtliche
Satire eben solcher Filme, zu tun hatte. Dass hier alle 5 Minuten "Tritt der Armee
bei!" gerufen wird, war eine überspitzte Darstellung, also eine
Parodie der Realität. Die Tatsache, dass viele Menschen genau so eine
offensichtliche Satire nicht erkennen, obwohl der Film es einem quasi
vorbuchstabiert, ist also nichts Neues. Speziell wenn besagte Filme
nicht dem Comedy-Genre entspringen und deswegen nicht so viele
offensichtliche Witze über die Thematik machen. So erlag
leider auch Sucker Punch dem Problem, von einigen Zuschauern als
misogyne Männerphantasie interpretiert zu werden. Da allerdings auch
hier das exakte Gegenteil (Misogynie beschreibt den Hass auf Frauen -
in diesem Film geht es aber viel mehr um den Hass auf Männer!) rüber
gebracht werden soll, stellt natürlich die Frage auf, warum das so
vielen Leuten entgangen ist? Meine Antwort: wir schauen nicht mehr
genau hin.
Im Film selbst geht es um ein Mädchen
namens Babydoll, gespielt von Emily Browning (welche auch viele der
Songs auf dem großartigen Soundtrack singt), die von ihrem
bösen Stiefvater in eine Heilanstalt eingewiesen wurde um ein von
ihm begangenes Verbrechen zu vertuschen und Babydolls Erbe für sich
selbst einzustreichen. Dort entflieht sie der Hölle ihrer Realität
indem sie sich in eine Phantasiewelt flüchtet, die aus der
Heilanstalt ein Bordell, aus ihrem Pfleger den Bordellbesitzer
(gespielt von Oscar Isaac, dem neuen Star Wars Episode VII Star) und
ihren Mitpatienten andere Tänzerinnen macht. Mit eben diesen
Mitpatientinnen plant Babydoll schnell einen Ausbruch, da sie in
wenigen Tagen einer Lobotomie unterzogen werden soll (in der
Bordellphantasiewelt übersetzt kommt in wenigen Tagen jemand der
viel Geld für ihre Jungfräulichkeit hingelegt hat). Der Plan
beinhaltet einige Gegenstände, die von den Mädchen geklaut werden
müssen, um den Weg aus ihrem Gefängnis bestehen zu können. Diese
Dinge (Lageplan, Schlüssel, Feuerzeug, Messer, etc.) werden von
Babydolls Gefährtinnen eingesammelt, während Babydoll alle mit
ihrem Tanz ablenkt. Den Zuschauern wird durch Aussagen von anderen
Figuren im Film nahe gebracht, dass Babydolls Tanz ein extrem roher,
hoch sexueller Tanz ist, der alle gaffenden Männer quasi
hypnotisiert. Das sehen wir jedoch nie, denn in dem Moment wenn Babydolls Tänze anfangen, werden wir erneut in eine tiefere Schicht ihrer Phantasie gezogen. Das sind dann die Actionszenen, die man auch
schon aus den Trailern kannte. Diese Actionszenen sind also visuelle
Metaphern für Babydolls Tanz. Doch welche Form nehmen diese
Metaphern an? Richtig. Sie sind typische Nachempfindungen beliebter
Geek-Genres wie Fantasy, Sci-Fi und Animes, in welche nicht selten
hübsche Frauen in wenig Kleidung rein geschmissen werden um bestimmte
Männerphantasien zu bedienen.
Doch der Film geht noch einen
Schritt weiter. Denn wenn Babydolls Striptease das Equivalent von
Nerdphantasien darstellt... dann sind die Nerds, die sich dieses Zeug
anschauen automatisch die, die sich von Babydolls Tanz hypnotisieren
lassen. Das ist nicht nur Kritik am Genre des eigenen Films, sondern
auch an seiner Zielgruppe! Denn immer wenn von der Phantasie
zurück in die Realitätsebene geschaltet wird, um zu zeigen wer das
ist, der sabbernd vor Babydoll sitzt, sehen wir ausschließlich
furchtbare, ekelige, schleimige, Männer, die ganz klar als
schweinische, böse Monster zu identifizieren sind. Also denkt mal
drüber nach, was der Film uns damit sagen will. Das komplette
Marketing des Films (also das was sie vorab gezeigt haben um uns zu
überzeugen ins Kino zu gehen) bestand fast ausschließlich aus den
Actionsequenzen, die allesamt sehr speziell an Leute gerichtet waren,
die Mädchen in Schulmädchenoutfits sehen wollen, die
Maschinengewehre und Samuraischwerter benutzen um Leute zu Schaschlik
zu machen. Der Film spricht hier direkt uns Zuschauer an und sagt:
Hey du, der gekommen ist um die Mädchen anzugaffen. DAS ist was wir
von dir denken! BÄM. Das war ein Sucker Punch ;)
Doch da ist mehr. Sucker Puch
nutzt 3 Schichten von "Realitäten" um seine Geschichte zu
erzählen. Die Anstalt-Realität, die Bordell-Realität und
Phantasie-Realität. Die erstgenannte scheint offenbar die
tatsächliche Welt zu repräsentieren. Doch hier ist der Clou: denn
wenn der Film in dieser Realität startet, tut er dies mittels eines
sich öffnenden Vorhangs! In der Filmsprache sind Übergänge mit
Vorhängen, Buchseiten oder Fernsehbildschirme oftmals als Indikator
gemeint, um zu zeigen dass das was folgt nicht zwingend Real im
konventionellen Sinne ist. Also obwohl die Anstalt-Realität offenbar
die wahre Geschichte erzählt, ist es nicht zwangsläufig die ECHTE
Story. Behaltet auch dies kurz im Hinterkopf.
Obwohl Babydoll unsere Hauptfigur
im Film ist, gibt es noch andere wichtige Nebenfiguren, welche sich
in der gleichen Situation wie Babydoll wieder finden. Eine der
anderen sehr wichtigen Figuren ist Sweet Pea, gespielt von Abby
Cornish (Robocop Reboot). Die sehen wir zum ersten Mal im Film, wenn sie als Art
Theateraufführung auf einem Stuhl sitzt um gerade eine Lobotomie an
sich durchführen zu lassen. Doch es ist nicht Babydoll, sondern eben
Sweet Pea, die hier, sogar stark wie Babydoll verkleidet, im Stuhl
sitzt. Sweet Pea ist in vielerlei Hinsicht anders als die restlichen
Mädchen und das genaue Gegenteil von Babydoll. Sie ist meist
deutlich mehr bekleidet während der Action-Sequenzen, spricht mit
einer tieferen Stimme und ist dank Abby Cornishes hochgewachsenem
Körper oft von der Kameraeinstellung "ÜBER" den anderen
Mädchen positioniert. Sie ist die Erwachsene in der Gruppe. Ganz
klar das Gegenteil von Babydoll, die nicht zuletzt auch wegen ihrem
Namen klar als die kindlichste der Truppe zu identifizieren ist. Bei
dem Gespräch, in dem Sweet Pea Kritik an Babydolls wilden, sexuellen
Tanz ausübt, unterstreicht sie, dass ihr eigener sehr viel subtiler
und persönlicher sei.
Dann ist da natürlich noch die
Actionsequenz, in der Babydoll das Feuer eines Drachens klauen
musste. Hier wird deutlich weniger subtil dargestellt, wie Babydoll
eine traditionell weibliche Geschlechterrolle (Mutterschaft,
Fürsorge für das eigene Baby, etc.) brutal von sich stößt, als
sie ein neu geborenes Drachenbaby und dessen Mutter mit einem Katana
umbringt, welches sie dabei in... sagen wir mal.. "phallischer"
Pose festhält. Und denkt bloß nicht, dass wäre lediglich ein Zufall
gewesen. So eine Einstellung geschieht nicht ohne Hintergedanken:
Das wichtigste an dem ganzen
"wir-lenken-alle-mit-Babydools-Striptease-ab"-Plan? Er scheitert. Der eingeschlagene Weg funktioniert nicht. Die Mädchen
werden eine nach der anderen umgebracht und Babydoll wird am Ende
doch einer Lobotomie unterzogen. Und das einzige Mädchen, was
tatsächlich fliehen kann, ist Sweet Pea! Die Figur, die den
Zuschauern die ganze Zeit über als Störenfried untergejubelt wurde.
BÄM. Ein weiterer Sucker Punch!
Denn Babydoll erkennt beim Ausbruch,
dass es nicht "ihre" Story war. Könnte das bedeuten, dass
man uns hier sagen wollte, dass die Art und Weise wie Sweet Pea mit
ihrem Körper und ihrer Umwelt umgegangen ist ein besserer
(erfolgreicherer) Weg zum Ziel (im Sinne des unterschwelligen
Feminismus wäre dass ja ultimativ die Gleichberechtigung) ist, als
der von Babydoll, die ihren Körper ganz offensichtlich benutzt hat
um ihre eigenen Ziele zu erreichen? Höchstwahrscheinlich. Könnte das der Grund sein, warum die Person die uns die Geschichte die ganze Zeit erzählt
hat, tatsächlich Sweet Pea war? Die "Realität" die man
uns zeigte, zwar "wahr" aber nicht "echt" war, da
wir sie aus einer anderen Perspektive sahen? Das zu interpretieren
wird wohl für immer jedem Zuschauer selbst überlassen sein.
Sehr schöner Beitrag um das Verständnis zum Film zu erweitern. Ich freue mich immer sehr über solche Anregungen.
AntwortenLöschenWas mir noch vor allem bei den Kampfsequenzen auffiel ist, dass die Kämpferinnen superprofessionell agieren. Sie sind nicht nur einfach überlegen, sondern bringen dieses Auftreten sehr glaubhaft rüber (trotz knapper Bekleidung). Angefangen bei der korrekten Handhabung der Waffen, taktischen Kommunikation und, im Fall von Amber, der richtigen Uniform(teile). Diese Detailverliebtheit trägt meiner Meinung zur hohen Qualität des Films bei. Solch große Genauigkeit ist selbst in typischen Actionfilmen (z.B. Expendables) selten zu finden.
sehr interessante beobachtung!
AntwortenLöschen