11.03.2014

Filmtipp: Trollhunter

Denkt man an Filme aus Skandinavien (also Schweden und Norwegen, im erweiterten kulturellen Sinne auch Dänemark und Finnland), die man auch weit über die Grenzen Nord-Europas hinaus kennt, fallen einem vermutlich die Krimireihe Verblendung, Verdammnis und Vergebung ein. Auch der dänische Regisseur Nicholas Winding-Refn (Drive, Only God Forgives) oder Schauspieler wie Mads Mikkelsen (Hannibal, Die Jagd), Famke Janssen (X-Men, 96 Hours) kommen oft ins Gedächtnis, wenn man an große und vor allem gute Filme denkt.

Nur sehr selten waren nicht an Hollywood gebundene Filmstudios (speziell aus Europa) in der Lage, Filme mit großen Ambitionen zu drehen. Jetzt, da es dank des digitalen Zeitalters jedoch deutlich leichter geworden ist, auch ambitionierte Projekte mit relativ geringen Geldmitteln zu drehen, scheint sich dieses Blatt aber langsam zu wenden. So schaffte es der kaum 2 Jahre alte Film Trollhunter nämlich, auf der ganzen Welt in kleinen Kinos zu laufen, obwohl nicht mehr als läppische 2,5 Mio Dollar (für "große" Filmprojekte ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein) ausgegeben wurden um ihn zu drehen. 
Trollhunter ist eine 2010 in Norwegen produzierte, im found-footage Stil gedrehte "Mockumentary" (also eine gefälschte Dokumentation) mit Elementen diverser Mysterythriller und Surivial-Horror Vorlagen. Neben der großartigen Idee (dazu unten mehr), beeindrucken auch die Special Effects, welche besonders im Hinblick auf das super geringe Budget sehr gut gelungen sind.

Rette sich wer kann!
Im Film selbst geht es um eine kleine Truppe Studenten aus Oslo, die eine Dokumentation über den Bärenjäger "Hans" drehen wollen, welcher jedoch ausdrücklich erklärt, dass er in Ruhe gelassen werden will. Was die Studenten, die Hans trotzdem verfolgen, jedoch nicht wissen: Hans ist kein Bärenjäger, sondern ein vom Staat finanzierter, hoch professioneller Monsterjäger. Wie der Name schon sagst, bekämpft und jagt er Trolle. Die Regierung, welche die Existenz von Trollen natürlich leugnet vertuscht jegliche Übergriffe eines Trolls auf die Zivilisation mit Ausreden und falschen Fährten. Schnell geraten die jungen Studenten zwischen Hans und einem wilden Troll und rennen, natürlich mit laufender Kamera in der Hand, um ihr Leben. Zugegeben, die Entscheidung, den Film im Wackelkamera-Realismus-Stil zu drehen scheint heutzutage, nach all den Blair Witch Projects, Cloverfields und Chronicles ein wenig abgedroschen, ist aber völlig zurecht ein gutes Mittel um Produktionskosten gering und den Realismus hoch zu halten. 


Klar, die Nebendarsteller sind nicht immer glaubhaft und die Dialoge wirken manchmal ein wenig hölzern, jedoch ist das ebenfalls Teil des Charmes, den ein Film mit riesigen Trollen als von der Regierung "unter Verschluss gehaltenes Problem" haben kann. Hauptdarsteller Otto Jespersen ist in seiner Heimat in Norwegen eigentlich ein recht beliebter Comedian. Hier jedoch, spielt er die Rolle des ausgebrannten Trolljägers absolut Ernst. Was für uns als Zuschauer sicherlich als total spannend und faszinierend rüber gebracht wird, scheint für Hans absoluter Alltag in einem Job zu sein, auf den er schon seit einigen Jahren gar keinen Bock mehr hat. Auch die Action des Filmes ist definitiv nicht zu verachten. Immer wenn man einen der seltenen Trolle zu sehen bekommt (und Zeuge wird, wie Hans die sehr menschlich wirkenden Viecher platt macht), bekommt man als Zuschauer ein leicht euphorisches Gefühl hier gerade etwas total einmaliges und magisches zu sehen. Klar, was vielleicht in den Dialogen und dem oft ein wenig fehlgeleiteten Humor als Störfaktor empfunden werden könnte, macht den Film stellenweise noch ein wenig unglaubwürdiger als er nach einem Blick auf das Cover und dem Titel eh schon ist. Doch der perfekt abgestimmte, größtenteils minimalistische Soundtrack (Hier lässt beispielsweise Norwegens liebste Black n' Roll Band Kvelertak die Muskeln spielen) und die Atmosphäre machen die Minuspunkte locker wieder gut. 

Interessanterweise waren Kritiker auf der ganzen Welt ziemlich angetan vom Regisseur André Ovredals erstem Film. Oder zumindest alle, außer die eigenen Kritiker aus Norwegen, welche dem Film größtenteils negative Bewertungen gaben. Auch der von einem Norweger gedrehte  Survival-Horror Film The Thing konnte in Norwegen nur für wenig Begeisterung sorgen. Davon sollten wir uns hier allerdings nicht beeindrucken lassen. Norwegen ist eher für behutsame Politthriller und Krimis bekannt, und weniger für einen so rasanten Film über Trolle. Wer Blair Witch Project mochte, und vielleicht die aus Finnland stammenden Horror-Komödie Rare Exports (hier ist das große böse Monster tatsächlich der Weihnachtsmann höchstselbst) als sehenswert erachtet, könnte mit Trollhunter sehr viel Freude haben. Doch seid gewarnt, wenn christliches Blut in euren Adern fließt, solltet ihr vielleicht besser Abstand halten. Wie wir im Film lernen, sind Trolle nämlich in der Lage Christen zu wittern... 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen