30.05.2014

Review: X-Men: Zukunft Ist Vergangenheit

Es gibt Film-Franchises, die sind einfach nicht tot zu kriegen. Vorreiter dieser Dauerbrenner sind eindeutig die X-Men Filme. Seit Sommer 2000, also nun schon 14 Jahre lang, haut uns das Filmstudio Fox in relativ gleichmäßigen Abständen Filme über die Superhelden um die Ohren. Nach X-Men (2000) folgte X2 (2003), X-Men 3: The Last Stand (2006), X-Men Origins: Wolverine (2009), X-Men: First Class (2011), The Wolverine (2013) steht uns jetzt der nächste Film bevor: X-Men: Days Of Future Past! Denkt mal drüber nach: In der Zeit vom ersten X-Men Film bis heute hatten wir bereits 2 verschiedene Spider-Man Versionen (Insgesamt 5 Filme), Marvel hat mit Disney zusammen ihr eigens Filmuniversum etabliert und zusammengeführt, Christopher Nolan hat uns eine komplette Trilogie über Batman vollendet und Superman wurde zwei mal mit einem Reboot ausprobiert! Die X-Men sind jedoch zäh wie Leder und nicht von der Leinwand wegzukriegen.

Diesmal bekommen wir es mit einer Zeitreise-Story zu tun, welche nicht nur die Timeline der größtenteils eher schlechten X-Men Filme der letzten Jahre ausradiert, sondern sehen auch, wie sich alle Schauspieler der verschiedenen Filme in einem großen Ball aus Superkräften vereint. Sowohl beide Charles Xavier Darsteller (Patrick Steward und James McAvoy), beide Magneto Darsteller (Ian McKellen und Michael Fassbender), als auch X-Men Marketingmonster Wolverine, gespielt von Hugh Jackman sind im Film prominent vertreten. Natürlich wird auch Mystique, welche erneut von Jennifer Lawrence verkörpert wird, zu großen Teilen im Film eingesetzt. Was der Film selbst jedoch so zu bieten hat, erzählen wir euch im Review!
                                 
Das wird jetzt ein schwieriges Review. Ich möchte auf der einen Seite hervorheben, wie sehr mir der Film an und für sich gefallen hat, jedoch auch deutlich machen, dass man es hier mit einem Werk zu tun hat, welches durchzogen von Logikfehlern und geplagt von Produktionsmängeln ist. Das ganze wird natürlich noch dadurch erschwert, dass ich keine gravierenden Spoiler in meine Reviews einbauen möchte. Trotzdem gilt es hier euch darüber zu informieren und einen gewissen Überblick zu schaffen.

Nach diesem Vorwort könnte man natürlich den Eindruck erlangen, dass der Film selbst nicht besonders gut ist. Das wäre jedoch ein Trugschluss, da hier tatsächlich eine ganze Menge extrem gut funktioniert! Regisseur Bryan Singer (Die Üblichen Verdächtigen, Superman Returns) ist nach seiner Regiearbeit an den ersten beiden X-Men Filmen nun zurückgekehrt und geht kein Risiko ein, um an diesen Erfolgen anzuknüpfen. Seitdem scheint er sehr viel gelernt zu haben. Denn wo in den über zehn Jahre alten Filmen die Action noch größtenteils sehr unecht und uninspiriert wirkte, beginnt Days Of Future Past (Oder wie er hier in Deutschland heißt: Zukunft ist Vergangenheit) direkt mit einer rasanten Actionsequenz die ein wichtiges Kernelement der Comicvorlage ausnutzt, welches noch keine einzige X-Men Verfilmung zuvor wirklich funktionierend auf die Leinwand bringen konnte: die Mutanten kombinieren ihre Fähigkeiten um den Gegner mit Strategie, Taktik und Kreativität zu überwinden. Hier sei speziell die Art und Weise erwähnt, wie die neu eingeführte Mutantin Blink mit ihren Portalen andere Teamkameraden lenkt und die übermächtigen Sentinels (das sind die bösen Roboter, die alle Mutanten ausrotten und sich derer Kräfte bemächtigen können) austrickst. Hier merkt man den Ideenreichtum und den Blick für Detailarbeit, welche Bryan Singer schon immer auszeichnete. Auch die Sentinels selbst, samt ihrer Funktionen und Fähigkeiten wurden sehr gut auf die Leinwand übertragen. Sie sehen zwar deutlich anders aus, als in den Comics, verbreiten aber einen spannenden Terminator-Vibe, welcher sich im Kontext der Geschichte extrem gut macht. Parallelen zu den Terminator Filmen sind hier übrigens haufenweise zu finden. Nicht nur, dass es hier tatsächlich auch um eine dunkle Zukunft geht, in welcher Maschinen zur großen Gefahr wurden, sondern wird auch ähnlich wie in Terminator 2 jemand in die Vergangenheit geschickt, um diese Ereignisse zu verhindern. 

Dieser jemand ist natürlich Wolverine, welcher angeblich als einziger die Kraft besitzt, die Zeitreise zu überstehen. Womit wir auch schon bei den ersten Kritikpunkten angelangt wären. Man muss wirklich sehr viel "durchgehen lassen", um hier einen Funken Glaubwürdigkeit unter all den Haaren zu finden, die für diese Story herbeigezogen wurden. Die Zeitreise selbst ist nämlich komplett anders, als in der Comicvorlage. Dort wird Shadowcat (im Film dargestellt von Ellen Page) zurück in die Vergangenheit geschickt. Im Film übernimmt dies wie gesagt Wolverine. Jedoch steigt er nicht in eine Zeitmaschine, sondern wird dank der Superkräfte von Shadowcat dazu befähigt, seinen Verstand von heute in seinen Körper der 70er Jahre zu versetzen. Hier ist einfach so viel falsch, dass es dem Film fast das Genick bricht. Shadowcat hatte diese Kräfte noch nie. Auch in früheren Filmen war davon keine Spur und der Film macht keine Versuche irgendwie zu erklären, warum sie diese nun komischerweise doch hat. Generell wirkt das ganze nur als Versuch, Shadowcat selbst irgendwie noch am Geschehen zu beteiligen, damit die Fans der Comics ruhig sind. Achja, und natürlich aus solidarität, da Bryan Singer offen homosexuell ist, und der sich erst kürzlich ganz prominent selbst geouteten Ellen Page mehr zu tun geben wollte. Alles schön und gut, erzeugt aber gleichzeitig einiges an Probleme. Allein die Tatsache, dass dann nur Wolverine zurückgeschickt werden kann, da sein Geist den mentalen Druck als einziger Verkraften würde ist lächerlich. Zum einen Sitzt der alte Charles Xavier direkt daneben, der wohl mächtigste Telepath aller Zeiten, und zum anderen wird Wolverine stets mit seinem Gedächtnisverlust und seinem Wahnsinn in Verbindung gebracht, welcher ihn seit Jahrzehnten plagte. Entweder Bryan Singer ignoriert hier ganz offensichtlich seine eigene Kontinuität, oder er hat schlichtweg keine Ahnung von seinen Figuren. Solche Probleme erwarten uns übrigens auch mit Mystique... 

Mystique bekommt, wohl vermutlich ausschließlich wegen der mittlerweile riesigen Starpower von Jennifer Lawrence, deutlich mehr zu tun, als gedacht. So wird ihre DNA (ihre Mutantenpower ist es, sich in jeden anderen Organismus zu verwandeln) als die Grundlage angeführt, auf der die bösen Sentinels in der Zukunft ihre Fähigkeiten haben. Doch auch hier kratzt sich der geneigte X-Men Fan fragend am Kopf. Bryan Singer selbst hat doch bereits vor vierzehn Jahren im allerersten X-Men Film etabliert, dass Mystique zwar in der Lage ist, die Gestalt von jedem anzunehmen, jedoch NICHT deren Kräfte imitieren kann. Warum also soll ihre DNA der Grund sein, warum Sentinels in der Zukunft genau das können? Wie gesagt, je weniger man diese Dinge hinterfragt, desto besser ist der Film. Das geht sogar so weit, dass ich generell jedem empfehlen würde, bis auf X-Men First Class einfach GARKEINEN der alten Filme vorher nochmal anzuschauen. Man wird ganz eindeutig mehr Spaß am Geschehen haben, wenn man nicht den Ballast des Wissens über alte Filme mit sich schleppt.

Die Schauspieler selbst sind allerdings durchweg sehr gut und machen das Beste aus dem, was man ihnen vom Drehbuch her bietet. Alleinig Jennifer Lawrence (The Hunger Games), welche ich grundsätzlich bisher in allen Filmen sehr mochte, wirkt hier die komplette Laufzeit über sehr gelangweilt. Nicht schlecht - aber man merkt, dass sie nur hier ist, weil sie damals einen Vertrag für mehrere X-Men Filme unterschieben hat, bevor sie zum großen Star wurde. Solche Verträge lagen vermutlich auch James McAvoy (Wanted) und Michael Fassbender (Inglourious Basterds, 12 Years a Slave) vor, wovon beide allerdings deutlich mehr profitiert haben werden. Beide leisten großartige Arbeit und machen die Story sehr glaubwürdig und emotional. Das Feindbild des Films (Sentinel-Erfinder Boliver Trask) wird hier gespielt von Game Of Thrones-Star Peter Dinklage, welcher zwar das Beste aus den erstaunlich wenigen Szenen macht, in der er zu sehen ist, bleibt jedoch eher zweidimensional. Zum Vorteil wird das allerdings besonders für Wolverine Darsteller Hugh Jackman (Prisoners, Les Miserables), welcher hier eine seiner besten Performances als den Mutanten Logan abliefert, die wir bisher sehen durften. Das ist besonders interessant, da er erstaunlicherweise an ziemlich wenig Actionszenen beteiligt ist. Wenn man X-Men: Zukunft ist Vergangenheit für eins in Erinnerung behalten sollte, dann definitiv dafür dass es der Film ist, in dem Wolverines aufregendste Actionszene die ist, in der er zwei Bundesagenten mit einer Bratpfanne platt macht. Das soll allerdings nicht heißen, dass man hier nichts für sein Auge bekommt. Speziell die Szene, in der Quicksilver (die Figur über die sich im Vorfeld ganz besonders viel lustig gemacht wurde) seinen großen Auftritt hat, ist den Ticketpreis fast schon alleine Wert. 

Insgesamt ist X-Men: Zukunft ist Vergangenheit ein sehr guter Actionfilm. Meiner Meinung nach ist er nach dem brillanten X-Men: First Class (oder in Deutschland: Erste Entscheidung) der wohl beste X-Men Film bisher und sollte von keinem Marvelfan verpasst werden. Hat man allerdings die Wahl, würde ich persönlich jederzeit lieber zu Captain America 2 greifen. 

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