Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) ist einer dieser Filme, die in weiten Teilen der Welt erst deutlich später in die Kinos kommen, um vom inzwischen aufkommenden Oscar-Buzz zu profitieren. Auch The Imitation Game und Foxcatcher, zwei ebenfalls für viele Statuen nominierte Filme erreichen uns hier deutlich später, obwohl sie bereits vor Monaten in den USA liefen. Denn mittlerweile sind auch die diesjährigen Oscar Nominierungen bekannt, wodurch selbstverständlich noch werbewirksamer für ein Film geworden werden kann, wenn man ihn dann jetzt mit all dem Trubel bei uns veröffentlicht.
Das ist allerdings eine sehr gängige Praxis, die nun jedoch dazu führte, dass dem Birdman ein Platz in meiner Top 15 Movies of 2014 Liste verwehrt bleibt. Das schlimmste daran? Er wäre vermutlich auf dem ersten Platz gelandet, denn Birdman ist absolut phantastisch, für jeden Filmfan sehenswert und verdient jede einzelne, seiner insgesamt 9 Academy Award Nominierungen (womit er neben Grand Budapest Hotel der Film mit den meisten Ehrungen in diesem Jahr ist).
Doch kann Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) - ich werde für den Rest dieser Filmbesprechung auf den Anhang verzichten und schlichtweg Birdman schreiben - wirklich so gut sein wie alle Kritiker zwitschern? Das war die Frage die sich mir stellte, nachdem ich von dem geradezu lächerlich hoch gepriesenen (und ebenfalls für den Besten Film nominierten) Boyhood regelrecht angewidert war. Der Film wurde nämlich speziell für seine besondere Machart (Richard Linklater besuchte seine Schauspieler in einer Zeitspanne von 12 Jahren mehrmals, da er sie realistisch hat altern lassen wollen) gefeiert. Einem Umstand, der sich mit Birdman zu wiederholen schien, da dieser ebenfalls mit einem - wenn man es plump ausdrücken möchte - technischen "Gimmick" gedreht wurde. Denn spätestens nach den ersten 2 Minuten des Films erkennt man, dass für die Dreharbeiten des Bildmaterials keine erkennbaren Schnitte gemacht wurden! Natürlich wurden diese sehr wohl gemacht, allerdings sind sie so exzellent versteckt und mit allerhand spitzfindigen Tricks vor uns verborgen worden, dass es den Anschein erweckt, man habe die über die komplette Laufzeit des Films eine einzige, lange Kamerafahrt mitverfolgt. Jeder, der sich mit Film oder Theater auch nur im Entferntesten auskennt, weiß genau, dass diese sogenannten "Plansequenzen" (oder auch "Long takes" wenn man es international bevorzugt) die Königsdisziplin des Filmemachens darstellen und mit einem wahnsinnigen Arbeitsaufwand daherkommen.*



All dies wirkt so authentisch und ehrlich, dass es natürlich kein Wunder ist, dass Birdman geradezu mit Lob überhäuft wird. Für mich in diesem Falle definitiv zu Recht, da wir neben der wirklich herzzerreißenden und stellenweise aberwitzigen Story auch so viel mehr bekommen, dass sich der Kinobesuch wirklich mal erfrischend anfühlt. Wenn ihr dieses Jahr nur ein einziges mal ins Kino geht, dann tut eurem Gehirn mal einen Gefallen und schaut euch Birdman an. Für mich der klare Favorit zum Besten Film bei den diesjährigen Academy Awards.
*Das besonders schwierige an einer Plansequenz ist nicht nur, dass ein Schauspieler sich besonders viel Text und Laufwege merken muss, sondern die Tatsache, dass all dies im vorhinein akribisch durchgeplant sein sollte. Denn wenn wie in Birdman tatsächlich Takes von +15 Minuten eingebaut werden, nützen einem die besten Performances rein gar nichts, wenn in der allerletzten Sekunde nur ein einziger Statist nicht genau pünktlich durchs Bild läuft. Denn allein deswegen muss dann die gesamte Szene wieder auf Anfang gesetzt werden. Besonders nervig, wenn innerhalb der Szene zum Beispiel Möbel kaputt gehen oder Wasser verschüttet wird. Denn so muss man all diese Dinge ersetzen/reparieren um sie erneut benutzen zu können. Alles nur, weil sich ein kleines Glied der Kette nicht exakt eingereiht hat. Ich kann mir die Kopfschmerzen, die Regisseur Alejandro González Iñárritu am Set von Birdman zwischenzeitlich gehabt haben muss nicht mal im Ansatz vorstellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen