04.04.2015

Review: Starry Eyes - Träume erfordern Opfer

Originelle Horrorfilme, die neben nicht allzu ausgelutschten Schockmomenten, auch noch inhaltlich ein bisschen Substanz mitbringen, sind heutzutage verdammt selten geworden. Es wurde schließlich fast alles bereits zig mal gemacht, wodurch es natürlich nicht leichter wird, noch Gründe aus dem Hut zu zaubern, die eine Horror-Geschichte in Gang bringen könnte. Zum Glück schafft Starry Eyes genau dies. Eine völlig frische, noch fast nie genauer beleuchtete Prämisse in Kombination mit einem, wenn auch möglicherweise übernatürlich anmutenden Twist zu setzen. Ja, Starry Eyes ist definitiv etwas Besonderes.

Wie auch der von mir empfohlene The Guest, ist Starry Eyes ein relativ unter dem Radar operierender Indie-Slasher (die beiden Regisseure haben den Film via Kickstarter finanziert), mit hypnotisierendem Soundtrack und einigen sehr stylischen Bildern. Zwar kann der Film nicht mit übermäßig bekannten Namen trumpfen (viele der Beteiligten sind zum ersten mal in einem Spielfilm zu sehen), wirkt aber dennoch wie ein kleiner Meilenstein der letzten Jahre. Warum das so ist, lest ihr im Review!
                                   
An der für den deutschsprachigen Raum beigefügten Tagline kann man es bereits erahnen: Starry Eyes - Träume erfordern Opfer könnte ein bisschen blutig werden. Ein Blick in die Synopsis des Films deutet zudem darauf hin, dass es sich beim Film darüber hinaus möglicherweise sogar um ein tiefgründiges Werk mit echter Aussage handeln könnte. Im Film geht es nämlich um eine junge Frau namens Sarah Walker (gespielt von der Newcomerin Alex Essoe), die in Hollywood von Casting zu Casting geht, in der Hoffnung ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Denn Sarah ist ehrgeizig, gar verbissen, möglichst bald zu einer berühmten Schauspielerin zu werden. Als sich ihr dann nach einem sehr eigenartigen Casting tatsächlich die Chance offenbart, eine Hautrolle zu ergattern, beginnen die Dinge aus dem Ruder zu laufen. Denn was sie erst zu spät merkt: ihr potentieller Arbeitgeber ist ein okkulter Zirkel mächtiger Satansanbeter, die in Sarah möglicherweise viel mehr gefunden haben, als eine Hauptdarstellerin für einen Film...

Bereits an dieser Stelle hat der Film meine Aufmerksamkeit erlangt. Ganz eindeutig beleuchtet Starry Eyes die Verbissenheit mancher Menschen, die bereit sind buchstäblich alles zu tun, um berühmt zu werden. So sehen wir zunächst mal einem Haufen verträumter Mittzwanziger dabei zu, wie sie ihre Jugend damit verschwenden, zwischen Kellner-Jobs und Partynächten, Träumen von Ruhm nachzujagen. Träume, die sich natürlich fast immer als Sackgasse entpuppen. Derartig verträumt sieht es ganz besonders bei Sarah aus, die im Film erstmal als Kellnerin in einem Imbiss arbeitet, diesen Job (der im Film sinnbildlich für das bodenständige, "normale" Leben stehen könnte) aber ganz und gar nicht ernst nimmt. Man merkt also, es wird erstmal langsam und klar etabliert, mit welcher Art von Persönlichkeit wir es zu tun haben.

Die Horror-Elemente kommen erst ein wenig später hinzu, schleichen sich sogar mit viel Bedacht an, was die Schocks noch deutlich effektiver macht. Als unsere Hauptfigur nämlich bei einem großen Casting in die engere Auswahl kommt, beginnt der Film äußerst unheimlich zu werden. Ich kann mich an keinen Film der letzten Zeit erinnern, bei dem ich mich so unwohl gefühlt habe wie während der Sichtung von Starry Eyes. Sarah reißt sich selbst Haarbüschel aus, krümmt sich wie vom Blitz getroffen auf dem Boden herum und der Chef der satanistischen Produktionsfirma redet in einem gruseligen, aggressiven Befehlston. Nicht lange danach kommt dann auch ein sexueller Übergriff ins Spiel, welcher den Höhepunkt des Films einleitet. Hier will ich gar nicht mehr zu viel verraten, jedoch sei gesagt, dass Sarahs Sucht nach Beachtung eine Tür öffnet, die vielleicht besser geschlossen geblieben wäre. 

Inhaltlich bietet Starry Eyes also genug handfestes Material, um nicht als unglaubwürdige Slasherkost vom Fließband abgetan zu werden. Doch überzeugen die Regisseure Kevin Kölsch und Dennis Widmyer besonders hinsichtlich der Cinematographie. Die Shots sind sehr "artistisch" und ungewöhnlich komponiert und fügen sich perfekt in den Indie-Vibe der gesamten Produktion ein. Unübliche Kamerawinkel und intelligente Montagen fesseln das Auge der Zuschauer einfach an den Bildschirm. All dies, gepaart mit dem PHANTASTISCHEN Soundtrack, hebt Starry Eyes definitiv auf eine andere Ebene. Das sich stets verändernde Main Theme ist simpel wie exzellent und passt sich stets der Stimmung der Szene an. Ich kann Fans von 80er Jahre Synth-Sounds nur ans Herz legen, hier mal rein zu hören. Neben Drive, The Guest und speziell Hotline Miami bekommt man also einen weiteren guten Musikbeitrag zu hören, der sich perfekt für nächtliche Stadtrundfahrten eignen würde.

Es ist allerdings kein Film für "Jedermann". Wer hier auf Torture-Porn artige Horror-Kost wartet, wird definitiv enttäuscht. Klar, die ein oder andere verdammt ekelige und extrem gewalttätige Szene ist enthalten, der Hauptteil der Gänsehaut wird allerdings durch Stimmung und Situationen erzeugt. Die Effekte - Starry Eyes wandert gegen Ende des Films in Cronenbergische Body-Horror Gefilde, die meiner Meinung nach nur bedingt funktionieren. Ein paar Szenen mit Haarausfall sehen sehr unecht aus, der Moment wo eine Figur sich selbst den Fingernagel des Zeigefingers abzieht ist sehr klischeehaft (und wurde schon vieeeeel zu oft gemacht) und die Darstellung eines massiven Zerfalls wirkt ein bisschen übertrieben (weniger Make-Up ist manchmal mehr, Girls!).

Letztendlich ist Starry Eyes auch in den finalen Momenten ein absoluter Knaller. Dass hier sogar noch mal ein solch stark inszenierter "Twist" - es ist im Grunde eigentlich eher ein unerwarteter Schluss mit einem Ausklang der in eine überraschende Richtung abbiegt - auf die Zuschauer wartet, zeugt von Eiern. Man fühlt sich dort schwer an Rosemaries Baby erinnert, ein Film von Roman Polanski, der mit ähnlichen Instrumenten arbeitet. Hier wird eine Konsequenz an den Tag gelegt, die ich speziell im Horror-Genre seit geraumer Zeit schmerzlich vermisse. Starry Eyes ist mittlerweile sowohl auf Blu-Ray als auch bei Netflix verfügbar.

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